Weizenbier

Mit zu den erfrischendsten Bieren gehören diejenigen, die mit einem größeren Anteil Weizen neben der üblichen Gerste hergestellt werden. Klassische Weizenbiere zeigen eine durststillende, säuerliche Herbheit, die in den meisten anderen Biertypen nicht anzutreffen ist. Weizen ist eine sehr alte Bierzutat. Sie geht vermutlich auf die Anfänge des Ackerbaus mit gemischten Getreidebeständen zurück.Zu manchen Zeiten schien Weizen ganz aus den Brauereien verschwunden zu sein, aber stets kehrte er wieder. Wenn er nun aber so kräftig durstlöschende Biere hervorbringt, warum ist er dann nicht stärker in Gebrauch gekommen? Einer der Gründe ist der, daß der Weizen dem Brauer bei der Verarbeitung Schwierigkeiten macht.Gerade für uns Heimbrauer kann ein hoher Weizenmalz Anteil im Bier sehr schwierig werden. Da der Weizen keine Spelzen (Hüllen) hat, verstopft er das Maischgefäß. Auch wenn man als Heimbrauer einen verbesserten Läuterbottich hat, macht sich das beim Abläutern bermerkbar. Gerste dagegen verfügt über Spelzen, die von sich aus eine Art Filter bilden und so die Läuterarbeit vereinfachen. Deshalb wird Bier nur selten ausschließlich von Weizen gebraut, sondern meist wird ein Anteil Gerste mitverarbeitet. Da Gerste aber nicht gut bindet und beim Backen hart wird, eignet sie sich nicht besonders gut für die Brotherstellung, während der Weizen dem Bäcker besser gefällt. Weizen und Gerste gedeihen in ähnlichem Klima, und ihr natürlicher Lebensraum fällt demzufolge in Länder, in denen Bier und Brot traditionsreiche Nahrungsmittel sind. In mehreren bierbrauenden Regionen Europas wurde die Bezeichnung weiß früher für Bier verwendet, das bald nach dem Brauen, also ohne längere Reifezeit, verbraucht werden sollte. Heute verwendet man den Ausdruck generell für Weizenbier. Die traditionellen Weizenbiere Europas sind sämtlich obergärig und werden keiner längeren Lagerung unterzogen. Eine Erklärung für den Ausdruck weiß ist die, daß Weizenbier bei der Gärung einen besonders hellen Schaum hervorbringt. Möglicherweise kommt der Name aber auch daher, daß Weizen helleres Bier erbringt als Gerste und daß dieses früher auch meist trübe war. Vor der Entwicklung der Filter- und Kühltechnik waren obergärige Biere stets trüb, während in Eiskellern gelagertes untergäriges Bier sich durch Absetzen der Hefe relativ gut klärte. Die bei weitem meistproduzierten Beispiele sind die Weizenbiere (manchmal auch Weiße, oder Hefe-Weiße genannt) des Typs, der in Süddeutschland (speziell in Bayern) gebraut und in neuerer Zeit auch in anderen Gegenden Deutschlands zunehmend nachgeahmt wird. Diese Biere bestehen zu rnindestens 50% aus Weizen und erinnern in Aroma und Geschmack oft an Gewürznelken, was vermutlich auf den dafür verwendeten Hefetyp zurückzuführen ist. Besonders ausgeprägt findet man dies bei einigen bayrischen Weizenbieren, die eine Nachgärung in der Flasche durchgemacht haben. Der Ursprung dieser Hefekulturen verliert sich im Dunkel der Zeiten. Bei der Gärung bringen sie natürliche Verbindungen hervor – Phenole und insbesondere Guajakole -, wie sie ähnlich im balsamischen oder pinienharz artigen, für die Kaugummiherstellung verwendeten Saft immergrüner tropischer Pflanzen vorkommen. Süddeutsche Weizen-biere sind allerdings geschmacklich eher für Erwachsene bestimmt, sie können aber Reminiszenzen an manchen Kaugummi aus der Kindheit heraufbeschwören. Jedenfalls wirken beide Produkte jeweils für die entsprechende Generation höchst erfrischend. Der besondere Weizenbiertyp, der in Norddeutschland, und vor allem in Berlin, gebraut wird, trägt seit jeher die Bezeichnung «Weiße». Ihre überaus erfrischende Art wird durch niedrigen Alkoholgehalt, Milchsäuregärung und kräftige Säure gekennzeichnet. In Be]gien bezieht sich die Bezeichnung weiß in witbier oder biere blanche auf Biere, die mit einem bestimmten Anteil Rohweizen gebraut und mit Schalen von Cura~ao-Orangen, Koriander und anderen «botanischen Substanzen» gewürzt und ebenfalls einer gewissen (allerdings weniger starken) Milchesäuregärung unterzogen werden. Auch in den belgischen Lambic-Bieren ist ungemälzter Weizen enthalten, doch sie sind darüber hinaus durch spontane Gärung gekennzeichnet und werden deshalb als eigenständige Familie besprochen.